Schlagregenfeuchte in Sichtmauerwerk mit Innendämmung

300x246_Anwendung_Schlagregenfeuchte-in-Sichtmauerwerk-mit-InnendämmungAus hygrothermischer Sicht ist die Außendämmung i.a. einer Innendämmung vorzuziehen. Häufig sprechen jedoch ökonomische Gründe oder Aspekte des Denkmalschutzes gegen eine Außendämmung, so daß die Innendämmung die einzige Möglichkeit bleibt, um den Energieverbrauch eines Gebäudes zu senken und die Behaglichkeit zu erhöhen. Das Problem der Tauwassergefahr und dessen Lösung (z.B. durch Dampfsperren) ist hinlänglich bekannt.

Daß die Innendämmung jedoch auch Auswirkungen auf die niederschlagsbedingte Feuchtesituation der Fassade hat und eventuell das Frostschadensrisiko erhöht, wird meist übersehen. Am Beispiel eines bewitterten Sichtmauerwerks aus Vollziegel wurde dieser Effekt in [1] rechnerisch simuliert und durch begleitende Freilanduntersuchungen verifiziert. Bild 1 zeigt die Feuchteverhältnisse in einem 40 cm starken Mauerwerk mit und ohne anschließender Innendämmung im eingeschwungenen Zustand (d.h. die Simulation wird mit demselben Jahresklimadatensatz solange fortgeführt, bis sich die instationären Feuchteprofile von einem Jahr zum anderen nicht mehr ändern). Der blau unterlegte Bereich zeigt die Bandbreite der innerhalb eines Jahres auftretenden Wassergehalte im Querschnitt der schlagregenbeanspruchten Wände. Die durchgezogene Linie beschreibt die über das Jahr gemittelte Feuchteverteilung von der Außenoberfläche des Mauerwerks bis zu seiner Innenoberfläche, wo der Innenputz bzw. die Innendämmung aus Polystyrol-Hartschaum beginnt.

Trotz periodischer Wassersättigung der Fassade bei intensivem Schlagregen entspricht die mittlere Feuchte an der Außenoberfläche, wegen der günstigen Trocknungsbedingungen bei Sonnenschein, etwa dem Bezugsfeuchtegehalt des Mauerwerks. Durch die starke Feuchteabhängigkeit des Kapillartransports steigt der zeitlich gemittelte Wassergehalt unter der Oberfläche jedoch rapide an. Bei der Wand ohne Innendämmung wird nach einigen Zentimetern ein Maximum durchschritten, bevor der Wassergehalt relativ gleichmäßig bis zum hygroskopisch trockenen Zustand auf der Raumseite abnimmt. Ab etwa 20 cm Tiefe bleibt der Wassergehalt das ganze Jahr über konstant, d.h. die instationäre Klimawirkung beschränkt sich auf die äußere Hälfte des Mauerwerks.

Die Innendämmung verändert die Feuchteverhältnisse im Mauerwerk nachhaltig. Der Wassergehalt unter der Außenoberfläche steigt hier noch stärker an, ohne daß anschließend ein spürbarer Rückgang der Materialfeuchte nach innen zu verzeichnen wäre. Das hat zwei Gründe: Bei gleicher Schlagregenbelastung behindert der Diffusionswiderstand der Polystyrol-Dämmplatten die Austrocknung nach innen und zusätzlich wird das mittlere Temperaturniveau des Mauerwerks durch die Dämmung gesenkt, so daß auch die Trocknung nach außen vermindert wird. Im Vergleich zur ungedämmten Variante steigt der Gesamtwassergehalt im Mauerwerk durch die Innendämmung deutlich an. Bei Frost birgt dieser Feuchteanstieg ein entsprechendes Schadensrisiko, dem nur durch einen verbesserten Regenschutz beispielsweise in Form einer Fassadenhydrophobierung begegnet werden kann [1].

 

Literatur

[1] Künzel, H.M. und Kießl, K.: Feuchte- und Wärmeschutz von Sichtmauerwerk mit und ohne Fassadenhydrophobierung. Mauerwerksbau aktuell 98 (1998) S. D48-D57.

 

Seite erstellt: 20 Apr 2001; letzte Änderung: 16 Jul 2012