Einfluss einer einseitigen Innendämmung in einem Mehrfamilienhaus

150x37_Innendämmung-GebäudemodellWUFI® Plus: Es werden zwei Wohnungen, getrennt durch eine direkt an die Außenwand angeschlossene Innenwand, betrachtet. Die Innenwand kann eine Absenkung der Oberflächentemperatur auf der Innenseite des Mauerwerks bewirken. Für den Referenzfall ist der Wandaufbau beider Wohnungen identisch und nicht gedämmt. Es wird jeweils die kritische Oberflächentemperatur in den Innenecken betrachtet, an denen die Trennwand auf die Außenwand trifft. Für den Referenzfall ist dort die Temperatur in beiden Wohnungen gleich.

In diesem Beispiel wird in einer Wohnung eine Innendämmung angebracht, die andere bleibt unsaniert. In [1] wird gezeigt, dass im gewöhnlichen Altbau bei fehlerfreier Anbringung der Innendämmung im Übergangsbereich zur einbindenden Wand keine Feuchteprobleme auftreten sollten, sofern Nutzerverhalten, Luftwechselraten und sonstige Randbedingungen gleich bleiben.

Nun wird untersucht, ob und unter welchen Umständen die Innendämmung einer Wohnung für die daneben liegende, nicht gedämmte Nachbarswohnung zu Feuchteproblemen in der kritischen Ecke führen kann.

Modell:

  • beide Wohnungen sind quadratisch und 8 x 8 Meter groß
  • über und unter den Wohnungen befinden sich identische, gleich konditionierte Wohnungen
  • jede Wohnung hat je drei Fenster auf der Süd- und Nordseite
Abbildung 1: Gebäudemodell

Abbildung 1: Gebäudemodell

Abbildung 2 zeigt das Detail der einbindenden Wand im Querschnitt. Die Oberflächenübergangswiderstände wurden gemäß DIN EN ISO 10211 mit Verweis auf die ISO 13788 auf 0,25 (m²K)/W gesetzt. Dieser Übergangswiderstand wird zur Einstufung des Schimmelpilzrisikos verwendet. Dieses Wärmebrückendetail wird gemeinsam mit dem Zonenmodell simuliert. Das sich in der Zone ergebende Raumklima wirkt dynamisch auf die Wärmebrücke von innen, das Außenklima von außen ein.

Wärmebrücke

Abbildung 2: Wärmebrücke – Innenwand mit Dämmung

Parametervariationen

Beide Wohnungen werden pro Fall stets den gleichen, jedoch von Fall zu Fall variierenden, Randbedingungen ausgesetzt. Es werden vier Eingabeparameter variiert:

  • der natürliche Luftwechsel,
  • die Stärke der Innendämmung,
  • die Feuchteproduktion infolge der Bewohneranzahl und
  • die Soll-Innenraumtemperatur.

Speziell für die Innenraumtemperatur wurde eine Variante mit Nachtabsenkung simuliert. Dabei soll die Raumlufttemperatur am Tag 21°C betragen und in der Nacht von 23 bis 5 Uhr auf 16°C abgesenkt werden. Weitere eingesetzte Parameterwerte sind in Tabelle 1 aufgelistet.

Tabelle 1: Parametervariationen der Randbedingungen

  Referenzfall    
Soll-Raumluft-temperatur 19 °C 21°C Nacht-Absenkung
Bewohner (Feuchteproduktion) 3 Personen(ca. 9 L/Tag) 2 Personen(ca. 6 L/Tag) 4 Personen(ca. 12 L/Tag)
Luftwechsel 0,5 1/h 0,3 1/h 0,7 1/h
Dämmstärke 10 cm 6 cm 14 cm

 

Simulationsergebnisse

Für den Referenzfall ohne Innendämmung ergibt sich ein Temperaturfaktor fRsi von 0,70. Mit angebrachter Innendämmung, für den teilsanierten Referenzfall, ergibt sich ein Temperaturfaktor fRsi von 0,875 im gedämmten Eck und fRsi von 0,615 im nicht gedämmten Eck der Nachbarwohnung. Das Temperaturfeld dazu ist in Abbildung 3 abgebildet.

Temperaturverlauf in Wärmebrücke

Abbildung 3: Temperaturverlauf stationärer Anwendungstestfall mit Innendämmung aus WUFI® Plus

Für den Referenzfall zeigt Abbildung 4 Tagesmittelwerte der relativen Luftfeuchtigkeit im Raum über das erste Quartal eines Jahres. Ebenfalls ist die erhöhte relative Luftfeuchtigkeit direkt an den Oberflächen der Ecken, infolge der dort niedrigeren Temperaturen und berechnet mit dem Wasserdampfpartialdruck im Raum aufgetragen. Für den unsanierten Fall ist die Oberflächenfeuchte größtenteils unter 80%. Jedoch steigt nach Sanierung einer Wohnung beim Referenzfall die Oberflächenfeuchte in dem Eck der unsanierten Wohnung häufig auf über 80%. Auf den Diagrammen (Abbildung 5 bis 8) sind die Tagesmittelwerte der Oberflächenfeuchte im kritischen, nicht gedämmten Eck, infolge der Parametervariationen aufgetragen. Ausgehend vom teilsanierten Referenzfall wurde jeweils einer der vier genannten Parameter variiert um dessen Einfluss auf die relative Feuchte in der unsanierten Ecke zu untersuchen.

Feuchteverlauf Referenz

Abbildung 4: Verlauf relativer Feuchten im Referenzfall (unsaniert und teilsaniert) im 1.Quartal des Jahres

Feuchtevrlauf, Dämmstärken-Variante

Abbildung 5: Verlauf relativer Feuchten infolge Dämmstärken-Variation im 1.Quartal des Jahres

Abbildung 5 zeigt, dass die Dicke der Innendämmung in der sanierten Wohnung kaum Auswirkungen auf die Oberflächenfeuchte im kritischen Eck der unsanierten Wohnung hat. Die Verschiebung der Isothermen an der unsanierten Ecke ist auch bei Dämmstoffdicken zwischen 6 cm und 14 cm in der sanierten Ecke annähernd gleich. Zu beachten ist jedoch, dass die Innendämmung über das Eck hinaus, an der Innenwand einen Meter weit angenommen wurde. Die deutlich niedrigere relative Feuchte im Eck der gedämmten Wohnung, auf Grund der dort höheren Temperaturen, war zu erwarten und ist im gleichen Bild mit dünnen Linien eingezeichnet.

Feuchteverlauf, Feuchtelast-Variation

Abbildung 6: Verlauf relativer Feuchten infolge Feuchtelast-Variation im 1.Quartal des Jahres

Feuchteverlauf Luftwechselvariation

Abbildung 7: Verlauf relativer Feuchten infolge Luftwechselraten-Variation im 1.Quartal des Jahres

Die Variationen der Feuchteproduktion (Abbildung 6) oder des Luftwechsels (Abbildung 7) liefern deutlich abweichende Oberflächenfeuchten gegenüber dem Referenzfall (rote Linie). Mit der Annahme eines 4 Personen-Haushalts und folgend einer Feuchteproduktion von etwa 12 Liter am Tag, liegt die Oberflächenfeuchte im 1. Quartal deutlich über 80%. Bei einer geringeren Luftwechselrate von 0,3 1/h häufig sogar bei 100%. In beiden Fällen ist mit Schimmelpilzwachstum an der Wärmebrücke zu rechnen. Gegensätzlich wird mit geringerer Feuchteproduktion (ca. 6 Liter pro Tag) oder einem höheren Luftwechsel (0,7 1/h) das Schimmelpilzrisiko deutlich verringert.

Feuchteverlauf Raumlufttempertaur-Variation

Abbildung 8: Verlauf relativer Feuchten infolge Raumlufttemperatur-Variation im 1.Quartal des Jahres

Wird die Soll-Raumlufttemperatur um 2°C auf 21°C erhöht, sinkt bei gleicher Gebäudenutzung die Oberflächenfeuchte im kritischen Eck (Abbildung 8). Aus der simulierten Nachtabsenkung resultiert trotz der tagsüber erhöhten Innentemperatur gegenüber dem Referenzfall kaum eine Änderung der Tagesmittelwerte der Oberflächenfeuchte an der kritischen Ecke.

Ergebnisdiskussion

Ein einfaches Anwendungsbeispiel für eine einseitige Innendämmung bei nebeneinander liegenden Wohnungen zeigt exemplarisch Einsatzmöglichkeiten der hygrothermischen Gebäudesimulation mit gekoppelter Berechnung einer Wärmebrücke. Wenn bei nebeneinander liegenden Wohnungen nur eine Wohnung mit Innendämmung versehen wird, so kann dies in der nicht gedämmten, vorher schadensfreien, Wohnung dazu führen, dass Schimmelpilzprobleme an der Trennwand auftreten. Die Simulationen zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit dafür vom Luftwechsel und der Feuchtproduktion in der nicht sanierten Wohnung, etwas weniger von der Raumlufttemperatur und kaum von der Dämmstoffdicke der Innendämmung in der sanierten Wohnung abhängen.

Diese Anwendung ist nur exemplarisch für eine Vielzahl möglicher Einsatzgebiete einer dynamischen hygrothermischen Simulation mit gekoppelter Wärmebrückenberechnung. Für die energetische Beurteilung ist zu prüfen, in welchen Fällen eine dynamische Berücksichtigung des Wärmebrückeneffekts notwendig ist, wann ein linearer Wärmebrückenverlustkoeffizient ausreichend für die Abbildung des zusätzlichen Wärmeverlusts ist und wie groß der Unterschied in den Bedarfsberechnungen ist, wenn der Wärmebrückeneinfluss gänzlich unberücksichtigt bleibt. Auch die Berücksichtigung von solarer Einstrahlung auf das dynamische Wärmebrückenverhalten kann interessante zusätzliche Erkenntnisse liefern.


[1] Krus, M., Sedlbauer, K.: Innendämmung und Schimmelpilzproblematik: 1. Internationaler Innendämmkongress. Dresden: TU Dresden, S. 53-64.