Innendämmung im Test

WUFI® Pro: Wärmedämmung ist und bleibt in Mitteleuropa eine der wichtigsten Maßnahmen zur Senkung des Energiebedarfs im Gebäudebereich. Dabei gewinnt die Innendämmung in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung. Dies liegt daran, dass ein nennenswerter Teil des Gebäudebestands, der leicht von außen gedämmt werden kann, bereits saniert ist. Der Anteil der verbleibenden Gebäude, bei denen aus verschiedenen Gründen nur eine Innendämmung möglich ist, wird im Gegenzug immer größer. Dies sind z.B. Gebäude mit denkmalgeschützten oder erhaltenswerten Fassaden oder solche bei denen z.B. in Innenstadtlagen einfach kein Platz für eine Außendämmung ist. Auch die sukzessive Sanierung einzelner Wohnungen erfolgt häufig mit Innendämmungen.

Da die Wohnfläche pro Person weiter steigt wird im Zuge weiterer Energieeinsparbemühungen künftig auch der kurzfristigen Beheizung einzelner Räume nach Bedarf mehr Bedeutung zukommen. Hierbei bietet die Innendämmung den Vorteil, dass die massiven Bauteile nicht aufgeheizt werden müssen, was mit zusätzlichem Energiebedarf und längeren Vorheizzeiten verbunden ist. Bei Räumen, die nur temporär genutzt und dafür kurzfristig beheizt werden – wie z.B. Kirchen oder Veranstaltungsräume – kann eine Innendämmung generell eine günstigere Lösung als eine Außendämmung darstellen.

Die Innendämmung verändert die Bauphysik

Abbildung 1: Der Einbau einer Innendämmung verändert die hygrothermischen Verhältnisse innerhalb der Wand – insbesondere das Feuchteniveau steigt. Ob die Maßnahme schadensfrei und dauerhaft ist, kann im Vorfeld bereits durch eine hygrothermische Simulation geklärt werden.

Abbildung 1: Der Einbau einer Innendämmung verändert die hygrothermischen Verhältnisse innerhalb der Wand – insbesondere das Feuchteniveau steigt. Ob die Maßnahme schadensfrei und dauerhaft ist, kann im Vorfeld bereits durch eine hygrothermische Simulation geklärt werden.

Bauphysikalisch ergeben sich durch die Innendämmungen folgende Auswirkungen (siehe auch Abbildung 1): die Wand wird kälter als zuvor und damit zwangsläufig auch feuchter. Bei dickeren Dämmschichten wird auf der Rückseite der Dämmung die Taupunkttemperatur des Raumklimas meist unterschritten – der Feuchteeintrag über Diffusion muss daher durch geeignete Maßnahmen begrenzt und eine Hinterströmung der Dämmung mit Raumluft auf jeden Fall vermieden werden. Diese Anforderungen sind allerdings ähnlich wie bei Leichtbauteilen (Dachkonstruktionen, Holzbau) und durch eine sorgfältige Planung und Ausführung gut beherrschbar.

Kritischer ist der potentielle Feuchteeintrag von außen. Dabei ist vor allem die Belastung durch Schlagregen zu nennen. Ältere Bauteile haben oft nur einen unzureichenden Schlagregenschutz – wenn auf eine solche Wand ohne begleitende Maßnahmen eine Innendämmung aufgebracht wird, kann es infolge der nun viel langsameren Trocknung zu Durchfeuchtungen und Frostschäden kommen. Geeignete Maßnahmen zur Verbesserung des Schlagregenschutzes sind z.B. ein neuer wasserabweisender Putz oder Anstrich bzw. auch eine Fassadenhydrophobierung – auf jeden Fall sollte die Oberfläche möglichst regendicht aber gleichzeitig diffusionsoffen sein.

Eine WUFI® Berechnung hilft bei Planung und Optimierung

Eine sorgfältige Planung und Auslegung der Systeme bei Beachtung der spezifischen Randbedingungen ist die Grundlage für eine schadensfreie und dauerhafte Lösung. Die Bemessung sollte in der Regel durch eine hygrothermische Simulation erfolgen (siehe WTA 6-4 und 6-5, Leitfaden ID des WDVS-Verbands etc.). Das folgende Beispiel zeigt exemplarisch die Möglichkeiten einer solchen Beurteilung mit WUFI® Pro.

Sanierungsbeispiel mit verschiedenen Dämmstoffen

Auf eine Bestandswand aus Vollziegelmauerwerk (λ 0,51 W/(mK) wird eine Innendämmung aufgebracht, mit der der Wärmedurchgangskoeffizient der Wand das frühere EnEV-Niveau von U-Wert ≤ 0,35 W/m²K erreicht. Dabei werden drei Dämmstoffarten betrachtet, die sich in ihrer Funktion grundsätzlich voneinander unterscheiden.

  • Zum einen wird eine hydrophobe, diffusionshemmende EPS-Dämmung (λ = 0,04 W/mK) analysiert, ihr Diffusionswiderstand (sd) beträgt bei der hier gewählten Einbaudicke 2,7 m (Abbildung 2).
  • Eine weitere Variante wird mit Mineralfaserdämmung (Wärmeleitfähigkeit von λ = 0,032 W/mK) betrachtet. Der sd-Wert der Dämmung liegt hier nur bei 0,09 m, weswegen zusätzlich eine variable Dampfbremse mit einem sd-Wert zwischen 4,38 m (Trockenbereich) und 0,08 m (Feuchtbereich) zum Einsatz kommt (Abbildung 3).
  • Als dritter Dämmstoff wird eine kapillaraktive Calciumsilikat-Dämmung (λ = 0,065 W/mK) verwendet. Diese Variante ist mit einem sd-Wert der Dämmstoffschicht von 0,32 m ebenfalls vergleichsweise diffusionsoffen – aufgrund von Feuchtespeicherung und kapillarem Rücktransport ist hier aber trotzdem keine zusätzliche Dampfbremse erforderlich (Abbildung 4).
Abbildung 2: Bestandswand aus Vollziegelmauerwerk mit Innendämmung aus a) diffusionshemmendem EPS (ohne zusätzliche Dampfbremse)

Abbildung 2: Bestandswand aus Vollziegelmauerwerk mit Innendämmung aus
a) diffusionshemmendem EPS (ohne zusätzliche Dampfbremse)

Abbildung 3: b) kapillaraktivem Calciumsilikat (ohne zusätzliche Dampfbremse)

Abbildung 3: b) kapillaraktivem Calciumsilikat (ohne zusätzliche Dampfbremse)

Abbildung 4: c) diffusionsoffener Mineralfaser mit feuchteadaptiver Dampfbremse

Abbildung 4: c) diffusionsoffener Mineralfaser mit feuchteadaptiver Dampfbremse

Wand mit gutem Schlagregenschutz nach WTA-Merkblatt 6-5

Die Berechnungen werden für den Standort Holzkirchen durchgeführt. Der Klimadatensatz enthält stündliche Werte zu Temperatur, relativer Luftfeuchte, solarer Einstrahlung, Niederschlag sowie Windgeschwindigkeit und –richtung. Im Innenbereich werden Wohnraumbedingungen entsprechend WTA 6-2-01/D mit normaler Feuchtelast mit Temperaturen zwischen 20 – 22 °C und relativen Luftfeuchten zwischen 40 – 60 % r. F. angesetzt. Die Anfangsfeuchte in den Bauteilen wird mit dem Gleichgewichtszustand bei 80 % r.F., also „lufttrocken“ angenommen. An der Außenoberfläche wird durch einen neuen Anstrich ein Regenschutz gemäß WTA 6-5 mit w = 0,2 kg/(m²√h) und sd = 0,5 m gewährleistet. Die Berechnungen beginnen vor der Heizperiode und werden für den Zeitraum von 10 Jahren durchgeführt.

Abbildung 6: RGesamtwassergehalt der Wände über den Betrachtungszeitraum von 10 Jahren.

Abbildung 5: Gesamtwassergehalt der Wände über den Betrachtungszeitraum von 10 Jahren.

Abbildung 5 zeigt die Verläufe der berechneten Gesamtwassergehalte in den Wänden. Vom anfänglichen Feuchtegehalt von etwa 7,5 kg/m³ steigt dieser erwartungsgemäß in allen Varianten an. Besonders deutlich ist dies bei der diffusionsoffenen Calciumsilikat-Konstruktion (CS) der Fall: Infolge des geringen Diffusionswiderstands wird der Dampftransport aus dem Raum nur wenig behindert. Erst oberhalb von 90 % relativer Feuchte auf der kalten Seite des Dämmstoffs wird der kapillare Rücktransport so stark, dass er den Dampftransport kompensieren kann.

Die Wassergehalte der mit EPS und Mineralfaser gedämmten Varianten erreichen aufgrund der dampfbremsenden Eigenschaften von EPS bzw. der Dampfbremse im Winter deutlich niedrigere Werte. Während bei der EPS-Variante (EPS) aufgrund der geringen Trocknung im Sommer über den berechneten Zeitraum langsam ansteigende Werte verzeichnet, zeigt die Mineralfaser-Variante (MF+PA) aufgrund des größeren Trocknungspotentials bei der variablen Dampfbremse langfristig die niedrigsten Wassergehalte.

Relative Feuchte an der kalten Rückseite der verschiedenen Innendämmungen auf einer Außenwand mit gutem Schlagregenschutz nach WTA 6-5 (w-Wert = 0,2 kg/(m²√h)).

Abbildung 6: Relative Feuchte an der kalten Rückseite der verschiedenen Innendämmungen auf einer Außenwand mit gutem Schlagregenschutz nach WTA 6-5 (w-Wert = 0,2 kg/(m²√h)).

Die relativen Feuchten auf der Rückseite der Dämmung (Abbildung 6) zeigen ein qualitativ ähnliches Verhalten, Niveau und Extremwerte unterscheiden sich aber deutlich. Für Calciumsilicat wird im letzten Jahr eine relative Feuchte von 95 % r. F. im Winter erreicht, im Sommer sinken die Feuchten auf 83 % r. F.. Die EPS Dämmung führt zu niedrigeren Maximalwerten von 87 % r. F. im Winter, bei mit knapp 83 % r.F. recht ähnlichen Werten im Sommer. Das feuchtevariable System mit Mineralfaser liegt mit relativen Feuchten zwischen 75 – 81 % r. F. am günstigsten.

Randbedingungen mit altem Schlagregenschutz (wasserabweisend nach DIN 4108)

Anders stellt sich die Situation dar, wenn ein Feuchteeintrag nicht nur über Dampftransport aus dem Innenraum, sondern auch z.B. über Schlagregen von außen stattfindet. Abbildung 7 zeigt die Berechnungsergebnisse für die oben beschriebenen Aufbauten, wenn die Außenoberfläche lediglich die Anforderungen der DIN 4108 für den Schlagregenschutz erfüllt (w-Wert = 0,5 kg/(m²√h)).

Abbildung 7: Relative Feuchte an der kalten Rückseite der verschiedenen Innendämmungen auf einer Außenwand mit bisherigem Schlagregenschutz (wasserabweisend) gem. DIN 4108 (w-Wert = 0,5 kg/(m²√h)).

Abbildung 7: Relative Feuchte an der kalten Rückseite der verschiedenen Innendämmungen auf einer Außenwand mit Schlagregenschutz (wasserabweisend) gem. DIN 4108 (w-Wert = 0,5 kg/(m²√h)).

Bei der EPS-Dämmung kann über Schlagregenabsorption aufgenommene Feuchte kaum nach innen austrocknen und verbleibt zu einem großen Teil in der Konstruktion: Das Feuchteniveau im Winter erreicht nach einem kontinuierlichen Anstieg im letzten Jahr Werte von etwa 98 % r. F. Auch die beiden anderen Varianten zeigen einen ansteigenden Verlauf mit im letzten Jahr Werten zwischen 90 % im Sommer und 96 % im Winter. Auch wenn die kapillaraktive Calciumsilikatdämmung ihr Trocknungspotential dadurch belegt, dass die Wand im Maximum nur etwa 1 % r.F. feuchter wird als mit gutem Regenschutz, bleibt das feuchtevariable System weiterhin das mit dem besten Trocknungspotential und den niedrigsten relativen Feuchten im Jahresverlauf.

Optimierungspotential bei kapillaraktiven Dämmungen durch moderat dampfbremsende Beschichtungen

Ein nicht zu unterschätzender Einflussfaktor bei kapillaraktiven Dämmungen besteht in einem moderaten Anheben des Diffusionswiderstands der Innenoberfläche.

Abbildung 8: Relative Feuchte kalten Rückseite der Calciumsilikat-Innendämmung auf einer Außenwand mit gutem Schlagregenschutz bei Variation des sd-Werts der Innenoberflächenbeschichtung.

Abbildung 8: Relative Feuchte kalten Rückseite der Calciumsilikat-Innendämmung auf einer Außenwand mit gutem Schlagregenschutz bei Variation des sd-Werts der Innenoberflächenbeschichtung.

Abbildung 8 zeigt die Berechnung der Calciumsilikat-Dämmung mit gutem Schlagregenschutz (w-Wert 0,2 kg/m²√j) nach WTA 6-5 und unterschiedlichen raumseitigen Beschichtungen. Die berechneten Varianten mit sd-Werten von 0,1 – 0,5 m entsprechen einem Spektrum, das durch entsprechend Putze oder Anstriche leicht erreicht werden kann. Mit einer solchen Beschichtung kann das Niveau der relativen Feuchte auf der Kaltseite der Dämmung im Winter um etwa 1 % r.F. je 0,2 m sd-Wert gesenkt werden. Dies kann besonders bei frostempfindlichen Bestandsmaterialien ein entscheidender Vorteil sein.

Die WUFI® Simulation erfasst im Unterschied zu Glaser alle maßgeblichen Einflussfaktoren

Das Beispiel zeigt, dass mit einer hygrothermischen Simulation die Eigenschaften der unterschiedlichen Materialien gut abgebildet werden können. Sowohl die Feuchtevariabilität der Dampfbremse, als auch der bei der Calciumsilikat-Dämmung wichtige Flüssigtransport werden berücksichtigt. Durch die Variation der relevanten Einflussparameter wie Schlagregenschutz oder Diffusionswiderstand der Innenoberfläche können die Anforderungen an das System als auch die begleitenden Maßnahmen klar definiert werden.
Der Einsatz zur Planung einer Einzelmaßnahme ist damit genauso möglich wie die allgemeine Definition der Einsatzbereiche und –grenzen eines Dämmsystems oder dessen Weiterentwicklung und Optimierung.

 

Weiteres Anwendungsbeispiel zum Thema Innendämmung: